Sächsisches Verbundprojekt MikroModell

Wegweiser in der Spurenstoff-Diskussion

Stoffflussmodell unterstützt standortspezifische Bewertung des Gewässerzustandes

Das Forschungsprojekt MikroModell der TU Dresden wurde mit umfangreichen Ergebnissen beendet und liefert praktische Impulse zur Umsetzung der Nationalen Wasserstrategie und der Spurenstoffstrategie des BMU.

Es ist möglich, die effektivste Reduktionsmöglichkeit von Spurenstoffen in den Gewässern standortspezifisch zu bestimmen. Das ist das Ergebnis des im Projekt entwickelten zeitlich und räumlich hochauflösenden Stoffflussmodells zur Bewertung der Belastung durch ausgewählte Spurenstoffe in den Flüssen Elbe, Chemnitz und Weiße Elster in Sachsen. Zu den möglichen Maßnahmen gehören verursacherbezogene Möglichkeiten der Eintragsminderung kritischer Spurenstoffe ebenso wie der Bau weitergehender Reinigungsstufen auf Kläranlagen.
Es konnte gezeigt werden, dass die Effektivität einer Maßnahme stark abhängig von lokalen Gegebenheiten ist – pauschale Lösungen wie der Ausbau aller großen Kläranlagen stellt keineswegs zwingend die effektivste Lösung dar. Das Stoffflussmodell wurde beispielhaft auf zwei pharmazeutische Stoffe kalibriert (Carbamazepin und Gabapentin). Denkbar ist jedoch bei entsprechender Datenbasis auch eine Ausrichtung auf andere Stoffe. Das Stoffflussmodell kann auch in anderen Regionen zur Bewertung der sinnvollsten Schutzmaßnahmen für Oberflächengewässer genutzt werden.

Hierzu erklärt Alexander Bonde, Generalsekretär der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU): „Mit dem digitalen Werkzeug MikroModell und entsprechender Daten können Klärwerksbetreiber entscheiden, ob das Klärwerk angesichts der spezifischen ökologischen Empfindlichkeit des Vorfluters eine vierte Reinigungsstufe benötigt oder nicht.“ Die DBU hatte das Projekt fachlich und finanziell mit rund 600.000 Euro gefördert.
Auch Wolfram Günther, Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft des Freistaates Sachsen (SMEKUL) betont: „Wir wollen auch den Eintrag von Mikroschadstoffen in unsere Gewässer nachhaltig und zugleich effizient reduzieren. Die Ergebnisse des sächsischen Verbundprojekts MikroModell bieten eine sehr gute Basis, um die jeweils bestmögliche Lösung zu finden. Deshalb werden wir diesen Ansatz in die Fläche tragen und in die bundesweite Diskussion einbringen.“ Das SMEKUL unterstützte das Projekt ebenfalls fachlich und finanziell mit rund 550.000 Euro.

Die GELSENWASSER AG begleitete das Projekt ebenfalls fachlich eng mit und unterstützte es mit rund 300.000 Euro.
 

Dr. Dirk Waider

Vorstand GELSENWASSER AG

„Das Projekt hat gezeigt, dass die Ergebnisse zu Eintragspfaden, Mengen und Auswirkungen von Stoffen auf das Ökosystem Fluss auf andere Regionen übertragen werden können. Damit haben wir wertvolle Anhaltspunkte für Vermeidungsstrategien und Aufbereitungsansätze und damit zu einer ganzheitlichen Betrachtung des Ökosystems Wasser. Uns ist wichtig, dass die Erkenntnisse nun bundesweit berücksichtigt werden.“

Reduktionsmaßnahmen mit Synergieeffekt identifiziert

vcAuch im Bereich der projektbegleitenden Öffentlichkeitsarbeit wurden im Dialog mit unterschiedlichen Akteuren gute Möglichkeiten zur Reduktion von Mikroschadstoffen identifiziert, die zudem noch einen synergetischen Nutzen für alle Beteiligten und natürlich auch den Gewässerschutz schaffen.
So lieferte der Dialog mit Mediziner*innen aus dem Universitätsklinikum Dresden die Erkenntnis, dass eine patientenindividuelle Medikamentenkommissionierung (Unit Dose-Konzept), aber vor allem die Beratung durch Stationsapotheker*innen eine Einsparung der verabreichten Medikamentenmengen von rund 20 Prozent erzielen konnte. Das spart nicht nur Kosten und kommt der Gesundheit der Patient*innen zugute, sondern reduziert auch den Eintrag von pharmazeutischen Stoffen in die Gewässer. Ein Ansatz, der den Gewässern im gesamten Bundesgebiet zugutekommen könnte und deshalb in der Fläche umgesetzt werden sollte.

Praktische Impulse für die Umsetzung einer Nationalen Wasser- sowie Spurenstoffstrategie

Der interdisziplinäre Ansatz von MikroModell zeigt, dass Gewässerschutz am besten im Dialog funktioniert. Pauschale Betrachtungsweisen und Verordnungen, wie der Ausbau aller großen Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe, führen nachweislich nicht überall zu einer optimalen Verbesserung der Oberflächengewässer und erzwingen unter Umständen teure Investitionen an Stellen, an denen andere Maßnahmen geeigneter wären. MikroModell liefert hier eine valide Methode, um die effizienteste Maßnahme zur Verbesserung der Gewässerqualität zu identifizieren und erleichtert somit Investitionsentscheidungen.
Der initiierte Dialog mit dem Medizinsektor zeigt zudem, dass es nicht nur um die Klärung einer reinen Verantwortlichkeit bei der Freisetzung von Spurenstoffen gehen sollte, sondern um die Findung von Reduktionsmöglichkeiten, von denen möglichst viele Akteure in der Kette profitieren. Nachhaltiger Gewässerschutz braucht diesen systemischen Ansatz. MikroModell hat gezeigt, dass es geht!

Erkenntnisse für den Umgang mit Spurenstoffen

Im Jahr 2016 fiel der Startschuss für das Projekt MikroModell. In einem interdisziplinären Forschungsverbund an der Exzellenzuniversität TU Dresden konnten wichtige Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für den Umgang mit Spurenstoffen in Gewässern erarbeitet werden.

 

Christoph Ontyd (GELSENWASSER AG) zum Forschungsprojekt MikroModell