Trinkwasserqualität

Umwelt-Coliforme im Trinkwasser

Was sind Coliforme Bakterien?

Eine Vielzahl von Bakterien lebt in unterschiedlichen Lebensräumen in der Umwelt. Dazu zählen auch der Erdboden und aquatische Lebensräume wie Seen, Flüsse, Springbrunnen und Pfützen. Zu den weit in der Umwelt verbreiteten Bakterien zählen auch Serratia fonticola, Lelliottia amnigena und verschiedene Buttiauxella-Arten. Aufgrund eines bestimmten Stoffwechselmerkmals zählen diese Bakterien zu den coliformen Bakterien.

Die coliformen Bakterien sind jedoch keine systematisch fest umrissene Bakteriengruppe, vielmehr werden damit verschiedenste Bakterien unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichem Verwandtschaftsgrad zusammengefasst. Je nach Bestimmungsverfahren zeigen teils mehr, teils weniger Bakteriengattungen das untersuchte Stoffwechselmerkmal.
 

Was ist der Hintergrund?

Seit mehr als 110 Jahren haben sich E. coli und coliforme Bakterien weltweit als Indikatoren für fäkale Verunreinigungen bewährt und die Validierung und Verifizierung der einwandfreien Wasserqualität erheblich verbessert. Robert Koch beschrieb 1883 eine Untersuchungsmethode zum Nachweis von Mikroorganismen in Wasser, Luft und Boden durch Verwendung fester Nährböden. Das dort beschriebene Plattengussverfahren ermöglichte es, Wasser erstmalig auf den Gehalt von wachstumsfähigen Bakterien zu überprüfen. Bis dahin wurde die Wasserqualität nur über chemische und physikalische Untersuchungen bzw. auf sensorische Beeinträchtigungen untersucht.
Schon sieben Jahre nach der Entdeckung des Bakteriums Escherichia coli (damals noch Bacterium coli commune, kurz E. coli) wurde es 1892 als Anzeiger für fäkale Verunreinigungen von Trinkwasser vorgeschlagen. 1904 wurden die ersten Nachweisverfahren für coliforme Bakterien entwickelt. Dieser erste Nachweistest war jedoch nicht spezifisch für fäkale Verunreinigungen, da neben dem Darmbewohner E. coli auch andere Gattungen nachweisbar waren, die auch in der Umwelt vorkommen.

Mit Veröffentlichung der ersten Trinkwasserverordnung im Jahr 1975 wurde ein Richtwert für „coliforme Bakterien“ inklusive vorgeschriebener Nachweismethode geschaffen. „Coliforme Keime“ sollen in 100 ml nicht enthalten sein (Richtwert).
 

Was sagt die Trinkwasserverordnung?

Coliforme Bakterien sind beim Nachweis im Trinkwasser nach Trinkwasserverordnung meldepflichtig (Grenzwert 0/100 ml). Gemeldet wird an das zuständige Gesundheitsamt. Dieses nimmt die Bewertung vor und veranlasst in Rücksprache mit dem Wasserversorger Maßnahmen zur Ursachenfindung bzw. zur Beseitigung der Kontamination.

 

Wo liegt das Problem?

Immer bessere Analysetechnik

Mit den modernen und nach Trinkwasserverordnung vorgeschriebenen Analyseverfahren können heutzutage deutlich mehr Bakterien nachgewiesen werden, die unter dem Sammelbegriff „coliforme Bakterien“ erfasst werden. Durch nun verpflichtenden Nachweis über eine bestimmte Enzymreaktion sind mittlerweile mehr als 15 Bakteriengattungen nachweisbar. Bei Einführung des Parameters „coliforme Bakterien“ waren es lediglich vier.

Umweltorganismen vs. Bakterien

Unter den 15 Bakteriengattungen sind auch Vertreter, die primär als Umweltorganismen angesehen werden und nicht in Zusammenhang mit einem fäkalen Eintrag stehen. Diese Bakterien sind zwar weit verbreitet und begegnen uns im täglichen Leben, so zum Beispiel beim Baden, bei der Gartenarbeit oder auch auf Lebensmitteln, werden in diesem Zusammenhang jedoch nicht unbedingt in Verbindung mit einer gesundheitlichen Gefährdung beschrieben. Unter den Begriff „Coliforme“ fallen sie ausschließlich wegen der Art ihres Stoffwechsels, nicht aber, wie ursprünglich gedacht, wegen der gleichen Herkunft.

Analytische Änderung bei den Coliformen

Dr. Georg-Joachim  Tuschewitzki (ehemals Abteilungsleiter der Trinkwasser- und Badewasserhygiene Hygiene-Institut des Ruhrgebiets) vergleicht die analytische Änderung bei den Coliformen mit einer Verschärfung des Grenzwertes. „Leider ermöglicht dieser Parameter auch nicht immer eine Ursachenfindung, wie erwartet wird. Auch in der Fachwelt wird er daher kontrovers diskutiert. Mögliche Fehlinterpretationen und eine damit verbundene abgeschwächte Wahrnehmung von Grenzwertüberschreitungen untergraben die hohe Bedeutung der mikrobiologischen Trinkwasseruntersuchung“.

Trinkwasser ist nicht steril

Auch im Trinkwasser werden solche Umweltbakterien, wie zum Beispiel Serratia fonticola, Lelliottia amnigena und verschiedene Buttiauxella-Arten in geringer Zahl immer wieder nachgewiesen. Erste Untersuchungen zeigen, dass sich die Bakterien auch im Trinkwasser vermehren bzw. lange darin überdauern können. Da Trinkwasser nicht steril ist, wird es von verschiedenen Bakteriengruppen besiedelt. Unter bestimmten, noch nicht vollständig erforschten Bedingungen, können z. B. auch die o.g. coliformen Bakterien das Trinkwasser besiedeln. Der Nachweis dieser Coliformen in geringer Anzahl muss daher nicht zwangsweise ein hygienisches Problem darstellen, kann aber auf technische Probleme bei der Gewinnung, Aufbereitung und/oder Verteilung des Trinkwassers hinweisen.  

Dr. Katharina Kohls, Mikrobiologin vom Niedersächsischen Landesgesundheitsamts am Standort Aurich, beschreibt den Umstand folgendermaßen: „Wie auch andere Lebensmittel ist Trinkwasser generell nicht keimfrei. Auch nach sachgerechter Aufbereitung enthält es eine Vielzahl an Mikroorganismen. Dies ist gesundheitlich unbedenklich.“

Individuelle Fragen zum Verzehr und Gebrauch von Trinkwasser und dem Konsum anderer Lebensmittel bei eingeschränktem Immunsystem sind mit dem zuständigen Facharzt oder Gesundheitsamt zu klären.
 

Ihr Ansprechpartner zum Thema

Thomas Pochwyt

Experte Wasserqualität